Martha spielt sich auf

Pah! Dieses ganze Gerede um Abstand. Ich verstehe die Leute nicht. Mir liegt Abstand im Blut. Ich trage helle Farben, große Hüte und verschließe meine Gesichtszüge, vor allem und in erster Linie damit mir keiner zu nahe kommt. Wäre ich drastischer, würde ich sagen: Um mir die Leute vom Hals zu halten.

Das Problem ist doch heutzutage nicht die fehlende, sondern die allzu große Nähe, unter der die Menschen leiden, die Tyrannei der Intimität, wie Richard Sennett das mal so schön gesagt hat. Zu pandemischen Zeiten liegt das ja quasi offen für alle sichtbar auf der Straße oder? Warum haben die Leute denn ein Problem damit, Abstand zu halten? Doch nur, weil sie sich unter Normalumständen ständig auf die Pelle rücken, sich in den Armen liegen, das Innerste nach Außen kehren, sich die kleinsten Alltäglichkeiten unter die Nase reiben, im Badezimmer gemeinsam die Zähne putzen und sich danach gegenseitig den Rücken kraulen. Kraulen. Schon allein das Wort! Igitt, kann ich da nur sagen. Das grenzt doch an Affenliebe.

Wohin soll denn das führen? Wollen alle ineinander kriechen, eins werden, ineinander aufgehen. So ein kompletter Unsinn. Im Unterschied liegt doch der Reiz. Und den sieht man aus einer gewissen Distanz heraus nun mal einfach besser. Hüte groß wie Wagenräder sind da sehr hilfreich und ja, gut, auch eine gewisse Kratzbürstigkeit. Wenn man mich fragt, ich finde das sehr elegant. Aber das ist ja nun zu spät, das mit dem Fragen. Das mit der Eleganz hoffentlich nicht.

 

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