Über

„Haben Sie Ihr Urteil über ein Buch jemals aufgrund der Argumente ihrer Kollegen revidiert?“ – diese Frage habe ich vor kurzem einer sehr bekannten Literaturkritikerin gestellt, die schon in zahllosen Jurys für bedeutende Buchpreise saß. Was glaubt ihr, was sie geantwortet hat? Genau. Nein. Nein, hat sie gesagt, und eigentlich habe ich auch nichts anderes erwartet. Seltsam ist es trotzdem oder?

Aber wisst ihr was? Ich bin überzeugt, mit dieser Haltung steht sie absolut nicht alleine da. Schreit das nicht zum Himmel? Ja, schon, aber habt ihr euch schon mal ein Lieblingsbuch ein- oder ausreden lassen? Nein? Na also, da haben wir das Dilemma. Dabei treibt es doch eigentlich die Diskussion über Literatur an, dass man andere überzeugen will von der Qualität eines Textes oder?

Gibt es stattdessen nur rein subjektive Geschmacksurteile? Oder vollständige Beliebigkeit nach dem Motto, egal, Hauptsache irgendjemand kauft es? Diese Meinung scheint grad vorherrschend und auf die vollständige Verstopfung des Buchmarktes abzuzielen. Das ist keine Option. Was also tun? Es sein lassen? Sich nicht mehr streiten oder austauschen über Bücher? Kapitulieren?

Das wäre ja, wie sich nicht mehr über das Leben auszutauschen, denn das genau sind belletristische Bücher doch: Ein Abbild des Lebens, seine Verlängerung, sein Spiegel, seine bessere Hälfte. Literaturpreise basieren auf Abstimmungsprozessen und sind sehr maßgeblich davon geprägt, wer in der Jury sitzt. Also genau hinschauen und weitermachen, argumentieren, was das Zeug hält, auch wenn wir es vielleicht nie ganz zu fassen bekommen werden, dieses Etwas einer Geschichte, einer Sprache, einer Perspektive, dass unser Herz vor Begeisterung bersten oder vor Kälte klirren lässt. Ach, einfach immer trotzdem, denn schön wäre es ja doch, wenn wir es einmal klar benennen könnten: Dieses gewisse Etwas, das uns mikroutopische Momente lang glauben lässt, wir wüssten jetzt, wie es geht: Das Leben.

Auf diesem Blog geht es also um Literatur und viele Fragen, wenig Antworten und jede Menge Neugierde auf neue Blickwinkel, unerwartete Tonarten, Geschichten jeglicher Couleur und vorwiegend um Autorinnen, bekannte, weniger bekannte, überhörte und vergessene Autorinnen und wer weiß was noch.