Von Grund auf neu

„Good, better, best …“ – Kennt ihr den Song von Y’Akoto? Nein? Mir geht er nicht mehr aus dem Kopf, seit ich dieses Buch gelesen habe. Warum hat mir eigentlich keiner gesagt, wie großartig dieser Roman ist? Kann doch nicht sein, dass ich da hinterherhinke? Ausgeschlossen oder?

Denn wie um alles in der Welt hätte ich nicht wissen können, ja, müssen, dass die Geschichte von Ifemelu, die Lagos verlässt, um in den USA zu studieren, und Obinze, der auch aus Nigeria rauswill, und es nicht schafft, also dass diese Geschichte eine ganze Welt aufreißt und auf eine Weise von Rassismus, Emanzipation, Überheblichkeit, Humanismus, Feminismus, Immigration und vor allem und ganz besonders und zuallererst von Liebe erzählt, die den Blick auf dieses alles von Grund auf berührt, wenn nicht verändert.

Falsche Momente

Chimamanda Adichie hat ein so feines Gespür für jegliche Form von gesellschaftlicher Unwucht, die sich in einem Lächeln im falschen Moment, in einem Wort im unpassenden Augenblick, in einer Bluse mit zu weitem Ausschnitt äußern kann, dass man durch ihren Blick nicht nur sehr viel lernt über amerikanische und nigerianische Verhältnisse, über alle Nuancen von Diskriminierung, sondern vor allem und für immer erfährt, was Empathie bedeutet.

Und damit es euch nicht geht wie mir, und ihr womöglich denkt, ja, das lese ich auch noch irgendwann, aber nicht jetzt, sag ich es euch lieber klar und deutlich: Dieses Buch dürft ihr unter den Bergen der lesenswerten Bücher auf gar keinen Fall übersehen, wegschieben oder gar ignorieren, ihr verpasst eine sehr besondere Leseerfahrung und erfahrt nicht, wie es sich anfühlt als nichtamerikanische Schwarze in den USA zu leben, als Frau vor der großen Liebe zu verstummen und als Mann sich um jeden Preis einen Platz im Leben erobern zu müssen. Es gibt Bücher, da darf man eigentlich nicht hinterherhinken.

 

Chimamanda Adichie, Americanah
Übersetzt von Anette Grube
Fischer Taschenbuch
ISBN 978-3-596-18598-6

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