Brandursache unbekannt

Bei diesem Buch springt der Funke über. Fast war ich ein bisschen neidisch auf Agneta, die aus Unachtsamkeit das Haus ihrer Familie in Brand gesteckt und damit eine Welle der Erneuerung losgetreten hat. Das will etwas heißen, denn ich bin alles andere als pyromanisch veranlagt, sondern nur schlicht Feuer und Flamme für diese so zündende Idee von Helena von Zwergbergk, so einfach wie genial.

Agneta und ihr Mann Xavier müssen zusehen, wie das Löschwasser den ganzen Schlamassel ihrer in die Jahre gekommenen Ehe an die Oberfläche schwemmt. Die erwachsenen Töchter sehen ihre Kindheit achtlos im Dreck liegen. Der Gestank, der nach ein paar Tagen entsteht, schnürt allen Beteiligten erstmal die Luft ab. Aber dann? Dann entzündet Helena von Zwergbergk ein wahres Feuerwerk von Bildern und Gedanken, die sich auftun, wenn eine Krise offenen Auges durchwatet wird.

Unter Kontrolle

Die spezielle Familienkonstellation, die die Autorin entwirft, lässt eine Bandbreite von Themen wie Eifersucht, Loyalität, Schuld, Vertrauen und Heimatverlust aufflackern und einige festgefahrene Haltungen in Flammen aufgehen. Ich lege meine Hand ins Feuer: Ihr werdet euch wiederfinden.

Ok, und jetzt höre auf mit den brenzligen Wortspielereien. Obwohl? Na ja, ganz unpassend ist die minimal penetrante Anhäufung nicht, denn sie spiegelt eine winzige Schwäche des Romans: Es gibt ein paar kleine Deutlichkeiten und Wiederholungen zu viel. Für meinen Geschmack zumindest. Ich bin hochgradig empfindlich, wenn ein Roman mir auch nur den Hauch einer eindeutigen Lehre erteilen oder zu offensichtlich zu einem Pitch zusammenschnurren will. Ich fühle mich als Leserin dann nicht ernst genommen, für zu blöd befunden etc. und langweile mich sehr schnell. Ganz schmaler Grad. Sollte ich griffige Weisheiten suchen, würde ich Sachbücher lesen oder? Aber, Gott sei Dank, hat Helena von Zwergbergk diesen Brandherd sehr gut unter Kontrolle.

Helen von Zwergbergk, Totalschaden
Übersetzt von Hedwig M. Binder
Nagel & Kimche

ISBN 978-3-312-001163-6