Zu viel. Aber trotzdem

Trotzdem und obwohl und deshalb und überhaupt: Dies wird eine Empfehlung. Weil? Diese Geschichte musste erzählt werden, auch wenn ich unter ihrer Last manchmal etwas geächzt habe. Es geht um Maja und Eitan, ihre Familien, ihre Liebesgeschichte und die unterschiedlichen Welten, aus denen sie kommen. Ostdeutschland und Israel. Und wer jetzt denkt, wow, was für ein Stoff und was für Unwägbarkeiten, der liegt genau richtig. Ja. Es geht um alles. Um die DDR, die Menschen, die sich angepasst hatten oder auch nicht, ihren Niedergang, deutsch-deutsche Unterschiede, Fremdfeindlichkeit und Rechtsradikale. Es geht um Israel, den Holocaust, Traumata, Religion, um Opfer und Täter, das Vergessen und mögliche Wege zueinander.

Katharina Höftmann Ciobotaru erfindet Charaktere, in denen die Geschichte lebendig wird. Majas Mutter Astrid, die auf alles eine Antwort hat und sich immer durchsetzt, auch wenn sie dafür alkoholische Unterstützung braucht. Bella, Eitans Großmutter, deren Familie in Theresienstadt ermordet wurde und die ihr Leben am Fenster verbringt, um die Rückkehr ihres Bruders nicht zu verpassen. Jaffa, Eitans Mutter, die mit ihren Eltern aus dem Irak geflohen ist und ihren Bruder im Jom-Kippur-Krieg verloren hat.

Kein Unrecht will die Autorin unerwähnt, kein historisches Ereignis auslassen. Alle Widersprüche werden ausgelotet, jeder Irrweg benannt. Moralisch ist sie so vollkommen auf der Höhe wie sie literarisch hier und da ins Rutschen gerät, um etwas plump im Journalismus zu landen und die Kitschebene zu touchieren. Alles ist eben viel. Zu viel eigentlich für einen einzigen Roman. Aber da müssen wir jetzt durch, denn das, was da zur Sprache kommt zwischen Maja aus Rostock und Eitan aus Tel Aviv, das weitet den Blick ganz enorm, und darum geht es doch oder? Immer wieder trotzdem.

 

Katharina Höftmann Ciobotaru, Alef
Ecco Verlag
ISBN 978-3-7530-0000-8

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